Kapitel 4 - Leuchtfeuer

Seit jeher sind Leuchtfeuer unverzichtbare Orientierungshilfen für die sichere Navigation auf See. Besonders bei Nacht und schlechter Sicht warnen sie vor Gefahren und ermöglichen eine präzise Positionsbestimmung. Die Kenntnis ihrer Eigenschaften und korrekten Interpretation ist daher für jeden Skipper unerlässlich.

 

Die Kennung - der Fingerabdruck des Leuchtfeuers

Jedes Leuchtfeuer besitzt eine charakteristische Kennung, die sich aus Art und Rhythmus der Lichterscheinungen sowie den verwendeten Farben zusammensetzt. Diese individuelle "Signatur" ermöglicht die eindeutige Identifizierung eines Leuchtfeuers. Man unterscheidet dabei verschiedene Grundtypen:

 

Abkürzung

Bezeichnung

Bedeutung

F

Fixed

Festes Licht, das kontinuierlich leuchtet, ohne Unterbrechung.

Fl

Flashing

Blitzlicht, das in regelmäßigen Intervallen kurz aufblitzt.

Q

Quick

Schnelles Blinklicht mit einer Frequenz von etwa 60 Blitzen pro Minute.

Iso

Isophase

Licht, das genauso lange an- wie ausgeschaltet ist (gleiche Phasenlängen).

Oc

Occulting

Verdeckendes Licht, bei dem die Dunkelphase kürzer ist als die Lichtphase.

GpFl

Group Flashing

Gruppenblitzlicht, bei dem mehrere Blitze zu einer Gruppe kombiniert werden (z. B. GpFl(3) für 3 Blitze).

IQ

Interrupted Quick

Unterbrochenes schnelles Blinklicht, bei dem es nach einer Serie von Blitzen eine längere Pause gibt.

 

Die Zeit vom Beginn einer Kennung bis zum Beginn der nächsten gleichen Kennung wird als Wiederkehr bezeichnet. Sie wird in Sekunden angegeben und hilft bei der korrekten Bestimmung der Kennung.

 

Höhenangaben

Die Höhe eines Leuchtfeuers wird üblicherweise über dem mittleren Hochwasser (MHW) angegeben, in Gezeitengewässern konkret über dem mittleren Spring-Hochwasser. Diese einheitliche Referenz ist wichtig, da sich sonst die Höhenangabe mit dem Tidenhub ständig ändern würde. Je höher ein Leuchtfeuer, desto weiter sieht man es. Bei Hochwasser ist das Feuer in Bezug auf den Betrachter eher niedrig. Man wählt die Angaben also so, dass eine Sicherheitsreserve eingebaut ist. Bei den Tiefenangaben in der Seekarte geht das genau den anderen Weg: Man nimmt als Bezugsgrösse den niedrigst möglichen Wasserpegel, so dass sichergestellt ist, dass der Pegelstand, der in der Karte eingetragen ist, sicher nicht unterschritten wird.

 

 

Tragweite und Sichtbarkeit

 

Die Tragweite eines Leuchtfeuers bezeichnet die Entfernung, in der es bei normalen Sichtverhältnissen (meteorologische Sicht von 10 Seemeilen) noch erkannt werden kann. Sie hängt von der Lichtstärke des Feuers und den jeweiligen Sichtbedingungen ab. Die Nenntragweite bezieht sich dabei auf Standardbedingungen mit 10 Seemeilen Sicht. Mit Hilfe des "Luminous Range Diagram" lässt sich die tatsächliche Tragweite bei verschiedenen Sichtbedingungen einfach ablesen.

Die geografische Sichtweite hingegen gibt an, in welcher Entfernung ein Objekt gerade noch über der Kimm (Horizontlinie) zu sehen ist. Sie wird durch die Höhe des Leuchtfeuers und die Augenhöhe des Beobachters bestimmt. Mithilfe der "Geographical Range Table" im Leuchtfeuerverzeichnis lässt sich diese Sichtweite leicht ermitteln.

Spezielle Leuchtfeuertypen

Besonders wichtig für die Navigation sind die verschiedenen Spezialformen von Leuchtfeuern:

 

Sektorenfeuer: Diese zeigen in verschiedenen Richtungen (Sektoren) unterschiedliche Farben oder Lichtzeichen. Sie markieren damit sichere und gefährliche Bereiche im Fahrwasser.

 

Leitfeuer: Spezielle Sektorenfeuer mit meist drei Hauptsektoren:

·       Ein roter Backbord-Warnsektor

·       Ein weisser Leitsektor in der Mitte

·       Ein grüner Steuerbord-Warnsektor

 


Das Leuchtfeuerverzeichnis

Alle relevanten Informationen zu Leuchtfeuern sind in den Leuchtfeuerverzeichnissen zusammengefasst. Das internationale Standardwerk ist die "Admiralty List of Lights and Fog Signals" (ALLFS) des britischen Hydrographischen Amts. Sie ist in elf Bände unterteilt und enthält Informationen zu über 70.000 Leuchtfeuern und akustischen Signalstellen weltweit.

Für jedes Leuchtfeuer finden sich darin:

·       Eine eindeutige IHO-Nummer

·       Die exakten Standortkoordinaten

·       Die Kennung mit vollständiger Lichtcharakteristik

·       Die Tragweite bei Standardsichtbedingungen

·       Die Höhe über MHW

·       Eine Beschreibung der Konstruktion

·       Wichtige Zusatzinformationen wie Sektorgrenzen oder Nebelsignale

Die ALLFS wird regelmässig durch die "Notices to Mariners" aktualisiert. Für eine sichere Navigation ist es entscheidend, stets mit den neuesten Informationen zu arbeiten.

 

Praktische Anwendung

 

Die Kombination aus Kennung, Höhe, Tragweite und Sektorinformationen ermöglicht die sichere Identifizierung eines Leuchtfeuers und damit eine präzise Positionsbestimmung. Anders als GPS-Systeme funktionieren sie völlig unabhängig von elektrischer Energie oder Satellitensignalen.

Für die praktische Navigation empfiehlt es sich, die Interpretation von Leuchtfeuerkennungen regelmässig zu üben. Vergleichen sie dazu die beobachtete Kennung mit einer Stoppuhr und den Angaben im Leuchtfeuerverzeichnis. Mit etwas Übung werden sie die charakteristischen Lichtfolgen schnell und sicher erkennen können.


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SRA

Boris Ehret

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